Weshalb und wie wird der 1. Weltkrieg an europäischen Sekundarschulen unterrichtet?
Diese Frage mehr als 90 Jahre nach Kriegsausbruch zu stellen ist weder unnötig noch veraltet. Denn der 1. Weltkrieg erscheint heute als eine für die Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts wichtige Zäsur, die die Welt grundlegend erschütterte.
Die grundlegende Zielsetzung des Geschichtsunterrichts, ein Verständnis der heutigen Gesellschaft durch Bezüge zur Vergangenheit aufzubauen, wird durch die Auseinandersetzung mit dem 1. Weltkrieg ermöglicht. Es war ein langer und teilweise „totaler Krieg“ mit einem zuvor nicht gekannten Ausmass an Brutalität für die Zivilbevölkerung wie für das Militär, mit einer bisher unbekannten Mobilisierung sämtlicher menschlicher wie materieller Ressourcen. Die Auseinandersetzung mit dem Krieg bedingt zudem eine Beschäftigung mit seinen kurz- und langfristigen Folgen. |
Zur Methode des multiperspektivischen Arbeitens ("regards croisés")
Der 1. Weltkrieg wurde lange aus nationaler bis nationalistischer Perspektive behandelt. Mittels Perspektivenwechsel ("regards croisés") soll diese Einengung überwunden werden, um eine europäische Lesart dieses Teils einer gemeinsamen Geschichte zu ermöglichen. Aus diesem mehrdimensionalen und vergleichenden Ansatz heraus sollen unter Einbezug aktueller Forschungsergebnisse Unterrichtsmaterialien für den Geschichtsunterricht entwickelt werden.
Ein Unterrichtsmodul für Lehrpersonen |
Die Zielsetzung des Projekts liegt nicht darin, theoretische Überlegungen zum Thema und zur Methodologie seiner Erforschung anzustellen. Vielmehr sollen die Erfahrungen, die schulische Praxis und die unterschiedlichen Zugänge zum 1. Weltkrieg in den teilnehmenden Ländern einander gegenübergestellt und verglichen werden. Daraus soll ein in das Thema einführendes pädagogisches Modul sowie Möglichkeiten zu seiner Weiterentwicklung im Unterricht entwickelt werden.
Das Modul stützt sich auf die folgenden vier Achsen:
Achse 1: Der Erste Weltkrieg in den Lehrplänen und Unterrichtsmaterialien: eine vergleichende Analyse.
Achse 2: Der Erste Weltkrieg im Geschichtsunterricht: Praxis und Methoden der Geschichtslehrerinnen und -lehrer, Information bzw. Vergleich über die Anzahl der Unterrichtsstunden, die für jeden Aspekts des Konflikts verwendet werden. Wie wird die Thematik jenseits der curricularen Forderungen sowie der Lehrbuchinhalte bearbeitet?
Achse 3: Museen und Gedenkstätten zum Ersten Weltkrieg, ihre Integration und Nutzung im Geschichtsunterricht. Kritische Analysen der museumsdidaktischen Darstellung sowie Überlegungen zu ihrer Verwendung für und Integration in den Geschichtsunterricht.
Achse 4: Kollektive Erinnerung an den Krieg: Wie ist er beispielsweise präsent in Gedenkstätten, Friedhöfen, Kriegerdenkmälern, Gedenkmärschen und -veranstaltungen, Filmen, Comics, Postkarten, TV-Sendungen, Audiodokumenten, Fachliteratur und Belletristik?
Eine Umfrage unter Schülerinnen und Schülern soll aufzeigen, welches ihr faktisches Wissen über den Krieg ist (bevor sie ihn im Unterricht thematisieren), ihre Vorstellungen und Einschätzungen sowie ihre Kenntnisse von "Spuren" des Konflikts ( Denkmäler, Gedenktafeln, Friedhöfe, Museen, Gedenkorte, Filme usw.).
Das erste Projektjahr ist auf die Ausarbeitung des Moduls ausgerichtet. Im zweiten Projektjahr soll es in den am Projekt beteiligten Ländern erprobt und gegebenenfalls verbessert werden. Anschliessend soll es in Schulen zum Einsatz kommen, abrufbar über www.europe14-18.eu sowie einsetzbar als DVD (in deutscher, englischer, französischer, italienischer, polnischer und rumänischer Sprache).
Damit bezweckt das Projekt, ein neuartiges Lehrmittel zum 1. Weltkrieg zu entwickeln. Es soll eine vergleichende Analyse der länderspezifischen Kriegserfahrungen und deren Bedeutung für die Gegenwart enthalten. Dieses Unterrichtsmodul soll die nationalen Dimensionen des Konfliktes zu einer Geschichte des „Europa im Krieg“ zusammenfassen. Die Lernenden sollen so die Möglichkeit erhalten, alle Dimensionen des Konflikts und der unterschiedlichen Positionen der beteiligten Länder kennen zu lernen.
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Verlauf der Projektaktivitäten |
Der Aufbau eines Moduls für die Lehreraus- und fortbildung ist das Hauptziel des Projekts. Dis wird in mehreren Phasen nach folgendem Zeitplan ablaufen:
Phase 1
(November 2007 – Februar 2008) : Untersuchungen zu pädagogischen Materialien in den Partnerländern und ihre Zusammenstellung; Vergleich von Unterrichtsprogrammen und Lehrbüchern, Unterrichtspraxis und Kursplänen; Zusammenstellung und Verwertung der Erinnerungselemente (Museen, Gedenkstätten), Fragebogen für Schüler.
Phase 2
(März 2008 – September 2008) : Aufbau eines Moduls auf der Basis der materialien in Phase 1 und entsprechend des Methode des pluridimensionalen Arbeitens (regards croisés)
Phase 3
(Oktober 2008 – Februar 2009) : Verwendung und Auswertung des Moduls durch Zielgruppen in den Partnerländern.
Phase 4
(März 2009 – August 2009) : Anpassung und Adaptation sowie endgültige Entwicklung des Moduls aufgrund der Ergebnisse der Umsetzungen. Fertigstellung des Produkts auf verschiedenen Medien: Internet und DVD. Das Modul steht in Französisch, Englisch, Deutsch, Italienisch, Polnisch und Französisch zur Verfügung.
Phase 5
(August – September 2009) : Großmaßstäbliche Verbreitung des Moduls ; Endevaluation des Projekts.
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